Mittwoch, 24. Mai 2023

Arthrose beim Hund - die Geißel für Hund und Halter


 

Völlig unvorhergesehen passierte es. (Aufmerksame Leser unserer GASSIREPORT-Seite bei Facebook wissen es schon.) Eigentlich begann es wie ein ganz normaler Tag: Wir waren am Rhein und drehten da eine schöne Runde. Doch zum Abend hin, ging es Rico drastisch schlechter. Er atmete schwer, sabberte stark... Ganz klar: Er hat Schmerzen! Erst dachte ich ja in meiner Panik, dass er was falsches gefressen hatte (er frisst ja so gerne Gras) oder gar Nierenversagen. Vor allem, als er dann sogar sein Fressen nicht anrührte, wuchsen meine Sorgen exponentiell. Ich bemerkte sogar einen Anflug von Panik und Angst, den ich Rico zu Liebe aber sogleich unterdrückte - ich wollte ihn nicht durch die Stimmungsübertragung noch mehr verunsichern. Ich war drauf und dran mit ihm Nachts in die Tierklinik zu fahren. Doch als ich sein Humpeln bemerkte war ich zumindest etwas graduell "beruhigt", dass es keine Vergiftung oder Ähnliches war. Als ich sein humpelndes Bein etwas abtastete und bewegte jaulte Rico sogar auf - etwas was er sonst so gut wie nie machte (ich kann mich nur an eine andere Situation erinnern, wo er mal vor Schmerz jaulte). Dennoch war es eine schlimme Nacht für uns: Für Rico wegen seiner Schmerzen und für mich, weil ich mitlitt und nicht schlafen konnte...


Zum Glück verbesserte sich aber später aber Ricos Zustand wieder ein wenig. Er aß sogar sein Essen, wenn auch nur durch meine Hand Fütterung. Schon am nächsten Tag ging es ihm dann zum Glück besser. Er humpelte zwar stark aber die anderen Alarmsignale fehlten. Allerdings war er nach nur einer kleinen Runde von insgesamt 150 Metern schon völlig erschöpft. Klar, er hatte ja immernoch Schmerzen. Ich vermutete mittlerweile ja bereits, dass es Arthrose ist. Machte daher einen Termin bei unserer Tierärztin; da wollte ich ja eh hin, um mal wieder seine Lipome zu überprüfen. Auch sie kam zur Diagnose Arthrose. Doch sicherheithalber wollte ich ihn durchchecken. Immerhin ist er ja schon fast 11 Jahre alt - für einen Hund seiner Größe schon ein sehr stolzes Alter. Also machten wir Blutcheck, haben ihn geröntgt (was Rico vorblildlich mitmachte, ganz ohne Narkose), Ultraschall, die Lipome mal wieder punktiert und sowohl im Praxislabor untersucht als auch ins größere Labor geschickt...das volle Programm halt. Da kam nichts bei raus: Seine Blutwerte sind top - gerade in Hinblick auf sein Alter. Alles im Allem also ein top-fitter Hund - bis auf die Arthrose.


 


 


Zunächst bekam Rico eine Spritze um die Entzündung zurück zu drängen und ihm die Schmerzen zu nehmen. Zusätzlich sollte ich ihm eine Woche lang Tabletten geben: 1,5 Tabletten Galliprant am Tag eine Woche lang. Dadurch verbesserte sich dann Ricos Zustand ein wenig. Er ließ sich minimal leichter zu einer Gassirunde überreden, fraß wieder ganz normal von selber etc. Doch dieser Zustand war nicht etwa stabil, seine Tagesform wechselte - vor allem in Abhängigkeit vom Wetter.

So hatte ich nun einiges umzuorganisieren. Vor allem das Gassigehen. denn leon braucht ja wesentlich mehr Bewegung. So begann ich mit euch getrennt zu gehen. Oder genauer gesagt: Erst die kurze Runde (die war zwar nicht lang an Meter, kostete aber dennoch fast eine halbe Stunde Zeit) mit euch gemeinsam, dann nochmal eine größere Runde mit Leon.

An dieser Stelle muss ich Klein-Leon ein kompliment machen. Sicher Anfangs war es schwierig mit euch beiden, denn wie sollte Leon auch begreifen, dass wir nun mehr Rücksicht auf Rico nehmen musste. Aber schon nach 2 oder 3 Gassigängen hatte Leon begriffen, dass diese Runde Rico halt Priorität hat. Daher nervten mich seine sonst sehr lustigen Eskapaden sehr. Ich war sogar manchmal etwas ungerecht zu ihm und reagierte heftiger als sonst - wenn ich daran zurückdenke, tut es mir heute noch leid (auch wenn er es mir nicht übel nimmt). Mittlerweile tritt er sogar ganz in den Hintergrund. Übernimmt in dieser Zeit die Aufpasserrolle - aber sehr dezent im Hintergrund, zumindest wenn es keinen Anlass gibt. Ich muss halt nur aufpassen, dass uns niemand zu nahe kommt, denn dann will Leon die Person vergraulen um seinen Kumpel Rico zu schützen.

 


 

Jedenfalls standen wir diese Zeit ganz gut durch, auch wenn in einem heftigen Wechselbad der Gefühle. Keine Ahnung, wie das bei anderen ist. Ich vergleich mich ja nicht gern mit anderen, da ich der Überzeugung bin, dass jeder Mensch individuell zu sehen ist und anders fühlt. Aber mich machte das emotional fertig. Vor allem ein Gedanke schmerzte mich sehr: Die Gewissheit, dass wir in nicht allzuferner Zukunft Abschied nehmen müssen. Immerwieder kam zwar dieser Gedanke, diese Angst auf, doch konnte ich ihn immer schnell verdrängen - nicht zuletzt gerade durch Ricos mithilfe. Aber jetzt gelang es mir nicht mehr. Zu sehr nahmen mich seine Schmerzen mit, zu sehr litt ich darunter zu sehen, wie es ihm ging...

Wer dich kennt, weiß mit welcher Eleganz und Anmut du dich immer bewegt hast. Es hatte etwas edles zu sehen, wie Rico trotz seiner Größe leichtfüßig dahertrippelte. Umso mehr schlug nun die Veränderung zu.

Beim nächsten Tierarzt-Termin etwa einen Monat später bekam er dann eine Spritze Librela. Das brachte schon eine deutliche Verbesserung. Allerdings nicht auf dauer. Je nach Wetter änderte sich sein Zustand, aber er war nie so dramatisch wie an dem ersten Abend. Leider ließ die Wirkung recht rasch nach.nach 2-3 Wochen wurde es wieder schlechter. Das ist aber nicht verwunderlich, denn die 1. Librela Spritze soll ja eine "Halbwertzeit" von ca. 16 Tagen haben. Tabletten bekam  er ja nicht mehr dauern, ich gab ihm nur welche an den schlimmen Tagen. Das half. Dennoch baute Rico stark ab, vor allem was die Muskulatur angeht...

Die zweite Librela Spritze dann brachte eine deutliche Verbesserung. Schon einen tag danach, ging es Rico deutlich besser. Er humpelte zwar noch ein wenig und war schnell erschöpft, aber statt wie vorher nur 150 Metern schaffte er auf anhieb 400-500 Meter. Auch vom ganzen verhalten her, zeigte er ein deutlicheres Wohlbefinden: Er wälzte sich vor Freude oft im Gras, versuchte einen Freudenhüpfer als Es Futter gab (was ihm eine kleine Ermahnung von mir einbrachte) und war auch snst wesentlich aktiver, weniger apathisch.

Doch leider hielt der Zustand nicht lange: Mittwochs hatte er sein Spritze bekommen, Donnerstag ging es ihm dann ein paar Tage sehr gut, mit täglichen Verbesserungen. Doch seit dem Montag Nachmittag danach verschlechterte sich sein Zustand dramatisch. Wieder schweres Atmen, viel Sabbern, kaum zum Aufstehen zu motivieren, ja selbst Futter verweigert er auch per Handfütterung. Dieses Wechselbad der Gefühle machte mich fertig, aber ich bin da nicht wichtig, viel wichtiger war mir, dass es ihm besser ging um seiner selbst willen. Und so versuche ich ständig in seinem Beisein Zuversicht und Freude auszustrahlen, um ihn nicht noch mehr zu beunruhigen. Das fällt mir nicht leicht, nicht nur wegen meiner schlechten Schauspielkünste, sondern auch vor allem wegen meiner Sorge um Rico. Ich hab eh meine Zweifel daran, dass er mich nicht durchschaut - zu gut sind einfach die Sinne unserer Hunde, als dass wir ihnen was vormachen könnten.

Aber wie bereits gesagt: Ich bin egal, wichtig ist jetzt nur Rico. Und wie ich ihm bereits am ersten Tag bei seiem Einzug versprochen habe und es ihm auch bei seiner Arthrose nochmal wiederholt habe, egal was passiert: Wir gehen jeden Weg gemeinsam!  so wie es echte Partner tun und wie es einem die Liebe befiehlt. Ich hoffe so sehr, dass wir das halbwegs in den Griff bekommen, zumal Rico ja ansonsten kerngesund ist - die Hoffnung stirbt eben zuletzt. Wieder eine Änderung in meinem Leben, die ich Rico verdanke. War ich früher ein teils emotionsloser Realist, klammere ich mich jetzt dch an jede Hoffnung. Rico ist halt auch noch im fortgeschrittenen Alter und mit Schmerzen ein guter Lehrmeister. Längst habe ich noch nicht alle seine Lektionen gelernt, ich habe noch so viel von ihm zu lernen - und so tue ich etwas, was ich lange nicht mehr getan habe: ich bete darum, dass es ihm bald besser geht und wir noch einige schöne Momente haben in denen er mir noch so viel beibringen kann... Aber letzlich ist es seine Entscheidung. Und egal wie er sie trifft, ich werde sie mittragen und mitgehen bis zum Ende - wie alles in den vergangenen fast 11 Jahren gehen wir auch diesen Phase gemeinsam.



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Freitag, 9. September 2022

Doppeltes Jubiläum - ein volles Jahrzehnt!

Ein ganzes Jahrzehnt haben wir nun schon auf den Buckel. Denn vor genau zehn Jahren kamst du in mein Leben und ändertest ALLES. Nur ein Jahr später starteten wir unseren GASSIREPORT (daher auch das doppelte Jubiläum). Daher feier ich diese diesen Tag zusammen mit dir als unseren gemeinsamen "Geburtstag". Denn in gewisser Weise war es auch für mich eine Art "Neugeburt".

Seit 10 Jahren ein wuffastisches Team! 🐾🐾👍

 

Eine größten Änderungen die Rico bei mir auslöste, war sicher, dass ich meine Emotionalität nicht nur besser akzeptierte, sondern auch mehr auslebte und zeigte. Doch das war nur eine von vielen Lehren, die ich durch Rico erhielt. So zeigte er mir deutlich, dass das Sein mindestens so wichtig ist wie das Werden. Viel zusehr war mein Blick früher auf den Horizont gerichtet, so war ich weniger im Hier und Jetzt. Lebte zum teil mehr in der Zukunft als in der Gegenwart.

Sicher, es gab auch schwierige Zeiten. So schlug auch bei Corona bei uns ein - und nicht nur der Virus, sondern auch die wirtschaftlichen Konsequenzen. Und jetzt jüngst erst die Auswirkungen des Ukraine-Krieges... Aber egal, was war, Rico war immer an meiner Seite. Und zeigte mir, dass es Wichtigeres gab und das Leben immer schön ist.

Du warst vom ersten Augenblick ein Familienmitglied. Ja mehr noch, innerhalb kürzester Zeit, wurdest du zu eiem teil von mir - quasi ein Körperteil außerhalb meines Körpers. Du bist wie ein Sensor für mich. Das geht soweit, dass ich viel weniger von meiner Umwelt wahrnehme, wenn ich mal ohne dich unterwegs bin.

Viel haben wir in diesen zehn Jahren erlebt: tolle Abenteuer in anderen Gegenden, viele tolle Fellfreunde kennen gelernt und zahlreiche interessante Menschen getroffen (selbst die, die wir weniger "sympathisch" fanden, waren ja "interessant" - irgendwie 😉). Und nicht vergessen dürfen wir auch Leon, der nun seit vier Jahren unser Rudel bereichert - und uns nun zu einem richtigen kleinen Rudel machte. (Der Einfachheit halber feiern wir seinen Einzug auch an diesem Tag. So gesehen ist es sogar ein dreifaches Jubiläum.)

Am meiste freut mich, dass Rico noch so fit ist. Gerade bei seiner Größe ist Rico mit seinen zehn Jahren noch top fit. Die Tierärztin meint, das liegt sicher an der guten Pflege.Sicher, seit Kurzem gehst du minimal langsamer, vielen fällt es nicht mal auf, aber da ich dich so gut kenne merke ich es schon. Es ist ja normal, dass man im Alter etwas gemütlicher wird. Aber das ist bei dir so minimal, dass ich es meist als "energieeffizient" bezeichne. Deonnoch wird mir immer bewusster, dass wir nun wesentlich weniger Zeit vor uns als hinter uns haben. Jedes mal, wenn diese Gedanken kommen, zerreis´ßt es mir das Herz und die Tränen lassen sich nur schwer unterdrücken. Denn vor diesem Tag - dem tag des Abschieds - hatte ich seit unserer ersten Begegnung Angst. Und dadurch, dass du meine Emotionalität so gestärkt hast, spüre ich auch den Schmerz stärker. Doch dank deiner Lehre, mehr das Heute zu genießen als sich um das Morgen zu sorgen, kann ich damit dennoch umgehen. Zu Groß sind einfach die "Geschenke", die du mir jeden Tag machtest alleine durch deine Existenz an meiner Seite.

Und so hoffe ich auf noch möglichst viel Zeit mit dir - dabei ist es ganz egal, ob wir nun schnell oder langsam unsere Gassirunden gehen. Hauptsache ist für mich, dass du Rico bei mir bist. 

🐾 Auch ich freu mich auf unsere gemeinsame Zeit. Dabei denke ich weniger als Du an Gestern oder Morgen, sondern einfach an des Jetzt. Denn für mich ist das Wichtigste, dass du bei mir bist! *jawohlwoaff*

Auch im Alter musst du das letzte Wort haben. Schön zu sehen, dass sich nicht allles im Alter ändert... 😂

🐾 Du kennst doch nun die Regel schon seit 9 Jahren, dem Start unseres GASSIREPORTS: Mein Blog, mein letztes Wort. *frechwedel*


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Donnerstag, 23. Dezember 2021

Die Stimmung machts: In der Ruhe liegt die Kraft!

Immer wieder schaukeln sich Situationen hoch, weil Halter nicht gelassen reagieren. Ja, so manches Mal stacheln sie die Aufregung ihres Hundes sogar an – ohne es zu wissen. Dabei kann man die Stimmungsübertragung durchaus aktiv nutzen und damit dann so manche brenzlige Situation entschärfen.

Gedankenverloren, friedlich, entspannt schlendere ich so am Rhein entlang. Ein kurzer Blick zu meinem Döggelchen zeigt: mindestens genauso gechillt schlendert er neben mir – nur mit der Nase wesentlich aktiver als ich. Mit zufriedenem Grinsen denke ich so bei mir: Die Stimmungsübertragung klappt ja mal wieder prima.

Wer uns kennt, weiß, dass das Thema quasi seit den Anfängen unseres Blogs GASSIREPORT (http://gassireport.blogspot.com) mich beschäftigt. Immer wieder fasziniert mich, wie stark Hunde darauf reagieren. Aber genauso oft kann ich mich bei einigen Haltern nur wundern, wie sie diesen wichtigen Kommunikationskanal zu unseren Hunden kontraproduktiv nutzen. Und beinahe wie aufs Stichwort kommt uns eine Halterin entgegen, deren Hund schon von Weitem aufgeregt, ja geradezu hysterisch bellte. Auf diese Entfernung interessierte das Rico gar nicht, erst nach einer Weile gab mein kleiner Doggen-Wookiee mit gerunzelter Stirn ein kurzes Brummen von sich – so als wolle er sagen: So langsam nervt es.


Gemeinsam die Stimmung genießen...
Foto: Ruggero De Pellegrini

Leider fing die Halterin nicht weniger hysterisch an, ihren Hund anzukeifen. Was – ganz canilogisch – zur Folge hatte, dass ihr Hundchen nur noch mehr und aufgeregter bellte. Etwas zynisch dachte ich so bei mir: Bei denen klappt die Stimmungsübertragung auch …

Vielen ist es nicht einmal bewusst, wie kontraproduktiv das ist – selbst erfahrene Hundehalter wissen es oft nicht. Und dabei kennen sie fast alle den Satz des Kommunikationsgurus Paul Watzlawick: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Das gilt auch für die Stimmungsübertragung. Sogar im besonderen Maße! Denn sie findet permanent statt.

Klar, jetzt könnte man natürlich sagen, dass die Stimmungsübertragung ja keine Einbahnstraße ist, sie in beide Richtungen funktioniert – also in diesem Fall vom Hund auf den Menschen. Das ist mir schon klar. Aber anders als unsere Hunde haben wir auch unseren Verstand und unsere Reaktionen sind nicht ganz so stark instinktgeleitet wie bei ihm (wobei ich durchaus schon Menschen erlebt habe, die eine schlechtere Impulskontrolle als so mancher Hund haben – Ausnahmen bestätigen eben auch hier mal wieder die Regel).

Es bringt also nichts, sich auch aufzuregen und so den Hund noch mehr aufzuschaukeln. Daher versuche ich, soweit es geht, mich auch mal den Stimmungen meines Hundes hinzugeben, ich genieße das geradezu. ABER: In solchen „brenzligen“ Situationen, da versuche ich ganz bewusst eher ein Gegenpol zu sein, ihm so auch einen „emotionalen Anker“ zu bieten. Das gilt sogar noch mehr, seitdem wir in einem Rudel leben. Hier ist das Ausgleichen sogar noch wichtiger und gleicht manchmal dem Jonglieren mit brennenden Fackeln. Schließlich sind sie alle individuell, haben ihren eigenen Charakter und unterschiedliche ­Eigenarten.

Augen sind ja die Spiegel der Seele - auch bei Hunden...

Aber wie kriegt man das hin? – werde ich oft gefragt. Ehrlich gesagt, war ich bei den ersten Fragen dieser Art zu den Anfängen unseres Blogs schon ein wenig irritiert: Schließlich erwarten Halter von ihren Hunden auch Impulskontrolle. Ist es da echt zu viel verlangt von Menschen – die immerhin ja auch sowas wie Zivilisation haben – wenn sie auch ein wenig Selbstbeherrschung aufbringen? Und es gibt ja viele Hilfsmittel: Die bekanntesten sind Autogenes Training, Autosuggestion, Yoga, Imaginations- und/oder Atemtechniken etc.

So atme ich beispielsweise bewusst langsam und entspannt, stelle mir dazu beruhigende Bilder im Kopf vor, wenn mein Döggelchen sich aufregt. Ich selber komme also gut mit Imaginations- und Atemtechniken klar, da ich damit schon seit meiner Kindheit Erfahrungen auch aus dem Kampfsport gemacht habe. Aber jeder sollte selber herausfinden, was ihm am besten liegt. Eines ist jedoch wichtig – wie so oft im Umgang mit unseren Hunden: das Timing. Ihr müsst quasi sofort das abrufen können – quasi den Schalter auf Instant-Chill-Modus stellen. So sehr ich auch Tai-Chi mag, aber in so einer Situation hilft es nicht viel, erst ein paar langsame Formen auszuführen – außer natürlich, dass Ihr sie dadurch humorvoll entkrampft. Wobei Lachen natürlich der beste Instant-Entkrampfer ist, aber das könnte wiederum zu kommunikationstechnischen Missverständnissen mit dem anderen Halter führen...

Denkt immer daran: Dank der Spiegelnueronen süren Hunde die Stimmung ihrer Halter!


Ein schöner Nebeneffekt dabei ist, dass solche Techniken der Stimmungskontrolle einem auch bei der ein oder anderen verbalen Auseinandersetzung mit Haltern helfen, die eventuell ein gewisses Logik- oder Wissensdefizit haben. Zumal die eh meist ein eher hysterisches Gebaren an den Tag legen, wie anfangs geschildert. Sind halt eher Opfer der Stimmung, als dass sie sie selber beeinflussen.

Übrigens: So kann man auch mit seinem Hund Weihnachten feiern, ihm die Festtagsstimmung „rüberbringen“, auch ohne dass unsere Hunde was mit Religion und somit der Geburt des Christkindes am Ohr haben. Es ist ja bekanntlich das Fest des Friedens und der Liebe. Lasst genau das Eure Hunde spüren und so teilhaben an diesem Fest. Und natürlich auch an all den schönen, leckeren Überresten des Festtagsessens. In diesem Sinne: Peace and Love with and without Paws!


Anmk.: Dieser Artikel erschien zuerst in meiner Kolumne in WUFF - Das Hundemagazin 12/2018; parallel dazu erschien auch unser Blogbeitrag Hunde sorgen für Stimmung!


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Dienstag, 30. November 2021

Auch Hunde brauchen Vertrauen!

Gehorsam, Bindung, Sozialisation mit dem Menschen, der Umwelt, anderen Artgenossen – all das und noch viel mehr ist immer wieder Inhalt von Kursen im Hundetraining und Diskussionsthema in den Sozialen Medien. Doch – für mich erstaunlich – kommt ein Wort dabei selten vor: Vertrauen. Dabei ist es doch eine der Grundlagen einer jeden guten Beziehung.

Vertrauen ist die Basis einer jeden guten Beziehung!
Foto: Lutz Borger

Von Weitem beobachte ich die Szenerie: Auf der ausgewiesenen Freilauffläche läuft eine Dame mit ihrem Hund, offensichtlich ein Labrador. Der Hund nimmt Anlauf, wahrscheinlich will er über den Baum springen, doch Frauchen ruft ihn zurück. Dann möchte er ins Wasser, was ja gerade bei Labradoren nicht wirklich verwundert, aber Frauchen ruft ihn zurück. Er schnappt sich ein Stöckchen, doch Frauchen ruft ihn auch hier zurück.

Nun, die Liste ließe sich noch um drei bis vier Beispiele verlängern. Aber viel interessanter war ihre Reaktion, als sie uns erblickte. Mittlerweile hatte ich mit ihrer ersten Reaktion schon gerechnet: Sie rief ihren Hund, der schon auf uns zulief, wieder zurück. Auch dass sie ihn an die Leine nahm, wunderte mich nach den Beobachtungen nicht. Eventuell war der Hund ja krank oder hatte eine Vorgeschichte, weswegen sie den Kontakt auf der Freilauffläche meiden wollte. Aber dass sie ihn dann auch noch ganz kurz nahm, wo doch genügend Platz war, um uns im weiten Bogen auszuweichen, DAS machte mich dann doch etwas stutzig. Daher fragte ich nach: „Verzeihen Sie meine Neugierde, aber warum nehmen Sie ihren Hund so an die kurze Leine? Immerhin ist doch genügend Platz auf dieser großen Freilauffläche, wo wir uns beide im großen Bogen aus dem Weg gehen könnten.“

Ihre Antwort ließ mich noch lange Zeit darüber grübeln: „Ich vertraue nicht darauf, dass die Situation so entspannt bleibt, wie es jetzt wirkt.“ Okay, das hat man zu akzeptieren, und schließlich gab es ja noch genug andere frei laufende Hunde, mit denen mein Döggelchen ausgelastet spielen konnte. Dennoch ging mir ihr Satz nicht mehr aus dem Kopf. Hatte sie kein Vertrauen zu ihrem Hund? Alle Indizien sprachen dafür. Aber wenn sie ihrem Hund nicht vertraut, wie stand es dann um das Vertrauen ihres Hundes in sie?

Ich erinnerte mich an eine lustige Begebenheit, in der ich das Wort Vertrauen zu meinem Döggelchen sagte, ohne dass es mir so bewusst war, wie in der jetzigen Situation: Es ging um ein Kindergitter, welches nur angelehnt war. Doch mein Doggen-Wookie traute sich nicht, es von sich aus zu öffnen. Hilfe suchend schaute er mich an, mit einer kleinen Spur der Verzweiflung, da er ja zu mir wollte. Doch das nur angelehnte Gitter trennte uns. Also sprach ich Rico an: „Na los, mein Kleiner, das schaffst du schon. Ich hab‘ da vollstes Vertrauen zu dir!“ Erst jetzt wurde mir die Bedeutungstragweite meiner Worte voll bewusst.

Im Wort Vertrauen schwingt ja auch die Bedeutung Zutrauen mit. Ganz besonders bemerke ich es bei unserem Mantrail-Training. Denn dabei muss ich die Führung abgeben an mein Döggelchen Rico. Ich vertraue ihm da (was ja eigentlich auch logisch ist, angesichts meiner Riecher-Inkompetenz im Vergleich zum Nasentalent unserer Hunde). Er läuft vorne weg, erkennt die Spur und weiß so den Weg – weit besser als ich es jemals könnte. Und auch wenn er in dem Augenblick die Führung hat, so hat er bisher nie Anstalten gemacht, die Weltherrschaft anzustreben.

Ähnlich sagte mir auch die Mantrail-Ausbilderin Kerstin Hennings vom SHZ Suchhundezentrum, die Rettungsstaffeln aus- und weiterbildet: „Wenn Hund und Halter eine gute Verbindung haben, sich beide sehr gut kennen, dann kann man sich aufeinander einlassen. Nur so kann auch gegenseitiges Vertrauen entstehen.“

Beim Mantrailing braucht es gegenseitiges Vertrauen...

Sicher sollte man immer auf seinen Hund achten. Wir werden ja auch nicht müde, das immer wieder in unseren Artikeln oder in unserem Blog zu erwähnen. Aber damit man sich keinen unsicheren Hund heranzieht, er auch hündisches Selbstvertrauen entwickelt, muss man ihm Vertrauen als Halter schenken.
Aber wie bekommt man Vertrauen?
Wie entsteht es? Werden jetzt sicher ­einige fragen. Nun, das kann man nicht „trainieren“ – wahrscheinlich ist das einer der Hauptgründe, warum es in zahlreichen Hundeschulen auch kein Thema ist: es lässt sich damit kaum Geld verdienen. Denn Vertrauen muss man sich verdienen – und das ist oft schwieriger als eben Geld zu verdienen. Am ehesten klappt das mit vielen ­gemeinsamen Erlebnissen. Dabei lernen beide – Hund und Halter – sich gegenseitig besser kennen und sich so auch einzuschätzen. Das gemeinsame ­Meistern der unterschiedlichsten Situationen lässt dann auch das Vertrauen wachsen. Denn Hund merkt dabei schnell: Egal was passiert, wenn ­Frauchen oder Herrchen dabei sind, dann kann mir nichts passieren – denn er passt auf mich auf.

Und so betrachte ich mein Döggelchen, zugegeben mit einer gewissen stolzen Zufriedenheit, wie er sich mittlerweile im Freilauf um mehr als 30 Meter von mir entfernt (anfangs traute er sich nicht mal mehr als fünf Meter zu), völlig selbstsicher auch das Unterholz im Wald durchschnüffelt, völlig gechillt auch die Straßenbahn besteigt und durchs Kaufhaus dackelt (die Gerüche dort interessieren ihn eh meist mehr als die vielen Menschen). Das lasse ich zu, weil das „Zusammenspiel“ klappt, die Regeln und Grenzen bekannt sind, ich ihn kenne und er mich, wir uns eben vertrauen.

Mein kleiner Doggen-Wookiee Rico machte ja die vielen Erfahrungen ­gemeinsam mit mir und vertraut mir daher. Denn zu jeder guten Beziehung gehört auch Vertrauen – und zwar ­gegenseitiges!

Anmk.: Dieser Artikel erschien zuerst in meiner Kolumne in WUFF - Das Hundemagazin 11/2018; parallel dazu erschien auch unser Blogbeitrag Vertrauen ist die Basis einer jeden guten Beziehung!


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Im GASSIREPORT findet ihr immer Hunde-Geschichten in Text, Bild und Video - mal amüsant, informativ, kritisch, kontrovers oder satirisch, aber immer authentisch! Daneben gibt es auch andere Projekte, wie z.B. die GASSIREPORT-Treffen u.Ä. Das alles kostet Herzblut, Zeit und Arbeit. Für euren Support erhaltet ihr tolle Prämien. Und so unterstützt ihr Leser den GASSIREPORT: 

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